Fotografie im offiziellen Auftrag: Die Signal Corps
Internationale Reporter vor einem Aschehaufen in der Nähe des Krematoriums in Gusen I. (Foto der tschechoslowakischen Nachrichtenagentur ČTK; Courtesy of ČTK)Ein Großteil der vom Lager Gusen erhaltenen Fotografien aus der Zeit unmittelbar nach der Befreiung stammen von den U.S. Signal Corps.
Dabei handelte es sich um einen dem War Department unterstellten militärischen Dienst, zu dessen Hauptaufgaben in erster Linie die Entwicklung von Kommunikationstechnologien und Kommunikationssicherheit für die Zwecke der US Army gehörte. Daneben lieferten die Signal Corps auch Foto- und Filmmaterial, welches vor allem Ausbildungs- und Informationszwecken diente.
Befreite Häftlinge stellen für Signal Corps Fotografen eine Hinrichtungsszene nach. Gusen I, Mai 1945. (Foto: U.S. Signal Corps Fotos; Courtesy of USHMM)Bei der fotografischen Dokumentation der Zustände in den befreiten Konzentrationslagern ging es neben der Sammlung von Beweismaterial für kommende Kriegsverbrecherprozesse auch um die Information der Weltöffentlichkeit – insbesondere aber der amerikanischen Öffentlichkeit – und die Reeducation der deutschen Bevölkerung. Reproduktionen der Signal Corps-Fotos finden sich daher in öffentlichen Medien in Deutschland und den USA ebenso wieder wie in den Akten der Gerichtsverfahren gegen die Täter.
Befreite körperschwache Überlebende des KZ Gusen, Mai 1945 (Foto: US Signal Corps Foto; Courtesy of USHMM, Washington)Die Fotos der Signal Corps entstanden zum Großteil während der ersten Woche nach der Befreiung des Lagers und sind daher nur repräsentativ für dessen chaotische Endphase. Es sind darauf häufig Leichen von Häftlingen zu sehen, die während einer Zeit verstorben sind, als die SS-Verwaltung schon aufgehört und die US-Militärverwaltung im befreiten Lager noch nicht begonnen hatte zu funktionieren. Dennoch prägen diese Fotos auch Jahrzehnte nach der Befreiung noch die Vorstellung von den Gräueln der Konzentrationslager, da sie die ersten – und in manchen Fällen die einzigen – Fotodokumente aus den Lagern waren, die an die Öffentlichkeit gelangten.
Zwei befreite Häftlinge vor der Baracke 1 im Lager Gusen I. (Foto der tschechischen Nachrichtenagentur ČTK; Courtesy of ČTK)Der Fokus des Blicks wurde oft implizit auf die Verbrecher gerichtet, weniger auf deren Opfer. Die Fotografien wollten die Gräuel des Nationalsozialismus als solche ins Bild rücken. Die Individualität jedes Verbrechens wurde dabei häufig zur Metapher für den NS-Terror als ganzen.