Installierung der US-Militärverwaltung
Links am Türrahmen lehnend der Kommandant des befreiten Lagers Gusen, Lt. Col. Milton W. Keach, in der Mitte, mit Sonnenbrille, sein Stellvertreter Major Charles R. Sandler während einer Unterredung mit ehemaligen Häftlingen in Gusen. (Foto: Courtesy of Maj. Charles R. Sandler, US 11th Armored Division, 21st Armored Infantry Battallion)Am Abend des 6. Mai 1945 wurde Lieutenant Colonel Milton W. Keach vom 21st Infantry Battalion zum Verwalter der befreiten Lager in Gusen bestimmt. Trotz der Tatsache, dass die Existenz und die Zustände in den Lagern Gusen und Mauthausen innerhalb der alliierten Geheimdienste und militärischen Kommandostäbe bereits seit längerem bekannt waren, war die 11th Armored Division völlig unvorbereitet auf diese Lager gestoßen.
Ohne genaue Vorstellung des Ausmaßes der zu bewältigenden Probleme und ohne dementsprechende Erfahrung nahm die neue Verwaltung am Morgen des 7. Mai ihre Arbeit auf. Nur mehr etwa 1000 Häftlinge waren zu dieser Zeit in Gusen anwesend, zum überwiegenden Teil Kranke und Schwache. Die Leichen von 200 bis 300 Häftlingen waren am gesamten Lagergelände verstreut. Jene, die körperlich dazu in der Lage waren, hatten das Lager bereits verlassen, waren entweder nach Mauthausen gegangen oder zogen in Gruppen durch die weitere Umgebung auf der Suche nach Verpflegung.
Beisetzung von verstorbenen Häftlinge im Massengrab. (Foto: US Signal Corps Foto, Courtesy of USHMM)US-Soldat vor dem von der US-Militärverwaltung angelegten Opferfriedhof in Gusen. (Foto: US Signal Corps Foto, Courtesy of USHMM)In den folgenden Tagen wurden mehrere Tausend befreite Häftlinge durch Truppen der 11th Armored Division wiederergriffen und in das Lager zurückgebracht, sodass deren Zahl wieder bis auf ca. 8.000 anstieg. Die Hauptprobleme, die sich der Lagerverwaltung nun stellten, waren die Beerdigung der Toten, die medizinische Versorgung der Kranken, die Beschaffung und Rationierung von Nahrungsmitteln sowie die Bekämpfung der Seuchen – vor allem Typhus und Tuberkulose-, denen jeden Tag immer noch Dutzende Häftlinge erlagen. Um mit dieser Situation einigermaßen fertig zu werden, wurde sowohl auf die Ressourcen der in der Nähe befindlichen militärischen Einheiten, als auch auf die gesunden Häftlinge und auf die lokale Bevölkerung zurückgegriffen.
„[…] …Ich glaube nicht, dass irgendjemand darauf vorbereitet war, damit umzugehen. Wie können sie dir Anordnungen zu etwas geben, über das sie eigentlich selbst nichts wissen? Das war für alle eine neue Erfahrung. Aber das einzige, was du tun konntest, war deine Logik einzusetzen. Und das einzige, das logisch erschien, war zu versuchen, das Lager im gegenwärtigen Zustand zu erhalten, denn es war klar, dass in naher Zukunft irgendetwas unternommen würde, dass es eine Aufarbeitung der Entdeckung des Lagers geben würde [...]. Ich stellte sicher, dass [die Häftlinge] zu Essen hatten, dass genau dieselben Rationen wie bisher verteilt wurden, und dass das Lager in genau demselben Zustand verblieb, wie es war, bis Versorgung, medizinisches Personal oder wer auch immer kommen und sich der Situation annehmen würde.“
Auszug aus einem Interview mit Reginald Ashby, ehemaliger Staff Sergeant im 21st Infantry Battalion der 11th Armored Division, jener Einheit der US Army, die ab 6. Mai 1945 für die Verwaltung des befreiten Lagers Gusen zuständig war. (USHMM, Washington)